Kastration und Sterilisation

Kastration und Sterilisation sind zwei unterschiedliche Dinge. Durch beide Eingriffe wird ein Individuum unfruchtbar, aber Sterilisation bezeichnet nur die Durchtrennung der Samen- oder Eileiter, und eine Kastration ist die Entfernung der Keimdrüsen.

Nur eine Kastration ist bei der überwiegenden Mehrzahl der Haustiere sinnvoll, denn bei ihnen ist ja nicht der einzige Beweggrund für einen solchen Eingriff, dass sie keine Nachkommen zeugen sollen (wie etwa beim Menschen), sondern auch, dass unerwünschtes Geschlechtsverhalten (Markieren, Rolligkeit, Läufigkeit) unterbunden wird. Durch die Entfernung der Keimdrüsen, die gleichzeitig Hormonproduzenten sind, wird ihr Haustier hormonell in einen Zustand wie in der Zeit zwischen Läufig- und Rolligkeit versetzt. Dieser Eingriff hat also keine ähnlich weitreichenden Folgen wie beim Menschen.

Bei einigen Tierarten ist es – sofern sie in gemischtgeschlechtlichen Gruppen leben – sogar sinnvoll, die Keimdrüsen zu entfernen, noch ehe sie vollständige ausgereift sind, z. B. beim Meerschweinchen und Kaninchen.

Man kann diese Tierarten auch unkastriert in gleichgeschlechtlichen Gruppen halten, allerdings gibt es dann unter älteren Männchen häufig Beißereien.

Auch weibliche Meerschweinchen und Kaninchen müssen häufig in höherem Alter wegen des Vorhandenseins von Eierstockszysten oder Gebärmuttervereiterungen kastriert werden.

MS„Mikrochirurgie“; ein 250 g Meerschweinchen und einer der winzigen Hoden

Für Hündinnen gibt es ca. 20 Jahre alte Untersuchungen aus den USA, die belegen, dass Hündinnen, die vor der ersten Läufigkeit kastriert werden, fast niemals in höherem Alter Gesäugekrebs bekommen. Kastriert man vor der zweiten Läufigkeit, erreicht man auch noch einen deutlichen Effekt. Kastriert man vor der dritten Läufigkeit, ist dieser Effekt minimal. Kastriert man nach der dritten Läufigkeit, ist dies statistisch nicht relevant.

Viele Züchter behaupten, dass eine Hündin einmal läufig sein muss, um geistig „reif“ zu sein. Wie so manches, ist die Frage, ob und wenn ja, wann eine Kastration sinnvoll ist, u. a. auch eine Glaubensfrage.

Wir geben Ihnen hier nichts vor, sondern für uns zählen die Fakten:

Kastrierte Tiere neigen generelle eher zu Gewichtszunahmen als unkastrierte (man muss also das Fütterungsregime unbedingt anpassen!), leben aber (insbesondere Kater) länger und sicherer, weil Raufereien und lange Wanderungen zu weiblichen Tieren sich reduzieren. Bei Katern sinkt außerdem das Risiko, sich durch Kämpfe und Blut-zu-Blut-Kontakte mit FIV, dem sog. Katzen-AIDS zu infizieren hierdurch deutlich.

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OP2OP3OP4 Kastration eines Rüden 

A1A3A5A6Kastration einer weiblichen Katze – ein fast unblutiger Routineeingriff durchs „Schlüsselloch“

Auch besteht bei kastrierten Tieren beiderlei Geschlechts ein Risiko für Fellveränderungen (Ausfall oder Verfärbungen). Betroffen sind hierbei besonders Rassen mit langem rotem Fell, z. B. Langhaardackel oder Cockerspaniel, die häufig ein sog. „Babyfell“ bilden. Bei allen Individuen kann sich aber auch durch eine Kastration die Fellqualität verbessern.

Einige Rassen, ganz besonders Schnauzer, Boxer und Rottweiler sind prädisponiert für die Entwicklung einer Harninkontinenz post operationem, dies äußert sich i. d. R. durch Verlust kleiner Mengen Urin im Schlaf. Grundsätzlich kann dieses Problem bei allen Rassen auftreten, ist aber in unserem Klientel über die Jahre statistisch zu vernachlässigen. Zum Teil hängt dies laut Literatur auch von der OP-Methode ab. Deshalb entfernen bei unveränderter Gebärmutter nur die Eierstöcke, es sei denn, dass der Besitzer es anders wünscht, denn entfernt man die gesamte Gebärmutter und vernäht v. a. die Schleimhaut des Gebärmutterstumpfes nicht, kann dieser relativ leicht mit der Harnblase verkleben und somit eine Inkontinenz auslösen.

Treten bei einem kastrierten Tier Fellveränderungen oder Inkontinenz auf, gibt es aber auch hier Möglichkeiten, medikamentell einzuwirken.

Katzen und Kater sind unkastriert kaum in der Wohnung zu halten, da sich in den allermeisten Fällen Markieren und Dauerrolligkeit einstellen. Bei Freigängern gibt es ohne Kastration mehrmals jährlich Nachwuchs, und wer kann den schon verantwortungsvoll unterbringen? Die Katze ist saisonal polyostrisch, was soviel bedeutet, dass in der Zeit von Februar bis September, abhängig von der Tageslichtlänge, alle drei Wochen Eisprünge und Rolligkeit ablaufen. Bei der Katze werden die Eisprünge durch den Deckakt auselöst. Ein ausgeklügeltes System also, das fast zum „Erfolg“ im biologischen Sinn führt….

Bei beiden Geschlechtern gibt es hier die Möglichkeit, wie auch beim Hund medikamentell (einmal wöchentliche Tablettengabe bei der Katze/ beim Hund Depot-Progesteron-Injektion beim weiblichen und „Anti-Hormon“-Chip beim männlichen Tier – Kater und Rüde) oder chirurgisch zu kastrieren, wobei für Tiere, die nicht für die Zucht vorgesehen sind, vom tierärztlichen Standpunkt aus der chirurgischen Kastration der Vorzug zu geben ist, weil sie, vom mininalen Narkoserisiko und dem Wundschmerz abgesehen, die kostengünstigere und schonendere Alternative ist.

Uterus